Von der Pest im Pinzgau

Heute und Damals

Die Errungenschaften der modernen Medizin verleitete uns zur irrigen Annahme, Epidemien hätten wir im Griff, eine Pandemie könne es gar nicht mehr geben. Doch die Corona-Krise holte uns in die Wirklichkeit zurück.

Allerdings können wir durch die Erkenntnis der Ansteckung die Krankheit eher in den Griff bekommen und somit der Verbreitung ansteckender Krankheiten durch länderübergreifende Maßnahmen leichter bewältigen als die Menschen vergangener Zeiten, die beispielsweise der Pest hilflos ausgeliefert waren.

Durch Handel mit dem Orient kam die Pest in gewissen Zeitabständen immer wieder in den Mittelmeerraum. In Zeiten, wo weniger Arbeit anfiel, brachten unsere Vorfahren auf Saumpfaden über die Tauern Salz in den Süden und auf dem Rückweg Wein, Öl, Gewürze usw. in unser Land. In den einfachen Unterkünften waren Flöhe keine Seltenheit. Mit einem Biss übertrugen sie die Pest auf Menschen. So kam die Geißel Gottes, wie die Pest früher genannt wurde, durch den Saumhandel auch in den Pinzgau.

Kupferstich eines Pestarztes in Rom, Paul Fürst 1656

Der Verlauf

1348 wütete die Pest in ganz Europa besonders arg. Nach Schätzungen dürfte ein Drittel der damaligen Bevölkerung umgekommen sein. Alten Grundbüchern (Urbaren) ist zu entnehmen, dass die Grundherrschaften in der Folge Höfe aus Personalmangel jahrelang nicht besetzen konnten.

Von 1310 bis 1715 wird 15mal von schweren Pestepidemien berichtet. Wer die Pest überlebte, war sein Leben lang dagegen immun.

1462 und 1486 soll die Pest im Raum Saalfelden der Überlieferung nach so arg gewütet haben, dass die Pfarre fast ausstarb. Wahrscheinlich hatten sich damals die Überlebenden zu einem Bittgang nach Dürrnberg verlobt und auch eine große Kerze gestiftet. Die wird auch heute noch durch eine neue ersetzt, wenn sie abgebrannt ist.

Anfang April ist in Neukirchen und Wald eine hitzige Krankheit ausgebrochen, welche mit Schauer und (Schüttel-)Frost begann, hohes Fieber, Kopf- und Herzschmerzen folgten, und nach wenigen Tagen starben die Kranken. Personen, die sie pflegten bzw. im gemeinsamen Haushalt lebten, erkrankten ebenfalls nach wenigen Tagen und starben bald darauf.

Die älteste Nachricht über die Pest in Saalfelden stammt aus dem Jahre 1557. Die Bürger und Bauern des Pfleggerichtes Saalfelden beschlossen den Bau eines Hauses für den Totengräber, da in Sonderheit der … geschwinden pestilenzischen Gebrechen halben ein großer Mangl an Totengräbern herrsche. Diese waren ja in Pestzeiten besonders gefährdet. Durch den Abtransport der Verstorbenen dauerte es zumeist nicht lange, bis auch sie infiziert wurden. Als Schutz dagegen galt das Kauen von Wacholderbeeren und reichlicher Genuss von Schnaps.

 

In Salzburg starb 1541 der berühmte Arzt Theophrastus Bombastus von Hohenheim, bekannt unter Paracelsus. Er hat sich auch mit den Symptomen der Pest beschäftigt.

1575 meldete der Urbarrichter Hans Stöcklsteiner den Ausbruch der Pest in Saalfelden an den Hofrat nach Salzburg. 1635 fielen im Oberpinzgau an die 1200 Personen der Pest zum Opfer.

Am 24. April 1635 beschrieb der Pfleger von Mittersill den Ausbruch der Pest:
Anfang April ist in Neukirchen und Wald eine hitzige Krankheit ausgebrochen, welche mit Schauer und (Schüttel-)Frost begann, hohes Fieber, Kopf- und Herzschmerzen folgten, und nach wenigen Tagen starben die Kranken.

Personen, die sie pflegten bzw. im gemeinsamen Haushalt lebten, erkrankten ebenfalls nach wenigen Tagen und starben bald darauf. So etwa in zwei Häusern in Trattenbach sowie mehrere Totengräber, darunter auch ein starker Mann, der nur 14 Tage seinen Dienst als Totengräber versehen hat. Auch an ihm bemerkte man die Beulen und Anzeichen der Pest.

In Saalfelden finden sich wieder 1649 Hinweise auf die Pest. Im Totenbuch der Pfarre häufen sich im September die Sterbefälle. Der Überlieferung nach brach damals die Pest bei Hinterburg aus und verbreitete sich über Biberg und Schörhub in Saalfelden.

Am 12. September ist das Begräbnis eines Knaben von Thor verzeichnet, der ein Kleidungsstück von Hinterburg nach Thor getragen hatte. Nach weiteren Todesfällen zu Hinterburg wurde die Bäuerin am 9. November als letzte bestattet.

In diesem, Jahr wird erstmalig auch der Pestfriedhof in Saalfelden erwähnt. Pesttote wurden im Totenbuch mit einem Kreuzchen bezeichnet und am Pestfriedhof in Einzelgräbern bestattet, wie die 1988 durchgeführte Grabung bestätigte. Unsere Vorfahren hätten kein Verständnis für Massengräber aufgebracht, denn es will dem gemainen Mann schwer fallen, … dass man ihren Verstorbenen, welche katholisch geboren, christlich getauft, christlich und katholisch gelebt, das geweihte Erdreich vorenthält.

1348 wütete die Pest in ganz Europa; Hier eine Darstellung der Pest in Prag,

Anlässlich der Grabung in der Krypta der Pfarrkirche Saalfelden, 1987, kamen auch einige mit Kalk bedeckte Bestattungen, also an Pest Verstorbene, zum Vorschein.

Nach überstandener Epidemie haben die Bewohner des Pfleggerichtes Lichtenberg, also die ganze Gmain alda als Salfelden, Urslau und Leogang mit Beyhülff anderer Guetthätter den Sebastiani-Altar in der Pfarrkirche errichtet, damit sie der gnädige Gott durch die möchtige Vorbitt des hl. Sebastiani, auch anderer hl Pest-Patronen hinfüro von der laidigen Pest und anderen anstöckenden Krankheitten alzeit genädig bewahren möge. Anlässlich der Grabung in der Krypta der Pfarrkirche Saalfelden, 1987, kamen auch einige mit Kalk bedeckte Bestattungen, also an Pest Verstorbene, zum Vorschein.

Mit dem Fortschritt in der medizinischen Forschung erkannte man auch immer mehr die Bedeutung der Hygiene. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wusste man schon um die Gefahren der Ansteckung Bescheid. So wurden bereits 1802 die Gefährlichkeit der Tollwut erkannt, die Kennzeichen von Fraisen beschrieben, ab 1814 gegen Pocken geimpft usw.

Im 19. Jahrhundert sind in Saalfelden folgende Epidemien belegt: 1834 grassierte eine Ruhr-Epidemie, 1838 starben im Großraum Saalfelden von den 339 an Scharlach Erkrankten 19 und 1839 von 76 Scharlachkranken 10 Personen.

Zwischen 1867 und 1873 starben 43 Menschen an einer Blatternepidemie und 1882-1883 9 Personen an Typhus.

Trotz großer Fortschritte in der Medizin bereiten uns auch heute noch ansteckende Krankheiten wie derzeit die Corona-Viren schier unlösbare Probleme.

 

Ein Beitrag von Alois Eder, Fachkollege und Freund des
Bergbau- und Gotikmuseums Leogang